Paritätische Elternzeit – die Lösung für mehr Gleichstellung?

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Elternzeit soll, wie der Name es bereits verrät, den Eltern die nötige Zeit geben, um das eigene Kinder betreuen und versorgen zu können. Aus diesem Grund haben Mütter und Väter in Deutschland einen Anspruch von bis zu drei Jahren Elternzeit, in der sie nicht arbeiten müssen und das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit ruht, aber weiter bestehen bleibt. Während der Elternzeit besteht ein besonderer Schutz vor Kündigungen durch den Arbeitgeber und Eltern können nach Ende der Elternzeit wieder in ihren alten Beruf zurückkehren. Um ihnen die Zeit zur Betreuung ihrer Kinder nach der Geburt zu ermöglichen, gibt es das Elterngeld. Dieses steht grundsätzlich allen Eltern in Deutschland zu, die sich um die Betreuung und Erziehung eines Kindes kümmern, dabei höchstens 32 Stunden pro Woche arbeiten und als Paar ein Jahreseinkommen von unter 300 000 Euro beziehen. So die Theorie!

Die praktische Umsetzung fühlt und sieht aber etwas anders aus. Grundsätzlich kann das Elterngeld für 12. Lebensmonate bezogen werden. Entscheiden sich beide Partner für die Beantragung von Elterngeld, so erhöht sich dieses um zwei zusätzliche Partnermonate. Dabei können beide Partner frei entscheiden, wie sie diese 14 Monate untereinander aufteilen oder gleichzeitig nehmen. Wichtig ist nur, dass jeder mindestens 2 Monate Elternzeit nimmt, um das Elterngeld in Anspruch zu nehmen. Damit kommen wir zu dem eigentlichen Problem, denn noch immer beantragen deutlich mehr Frauen als Männer Elternzeit. Laut den statistischen Auswertungen von Statista aus dem Jahr 2022 beantragen Frauen im Durchschnitt 14,6 Monate Elternzeit, während es bei Männern nur 3,6 Monate sind. Von einer gleichberechtigten Aufteilung auf Augenhöhe zwischen Frauen und Männern kann immer noch nicht gesprochen werden, obwohl der Anteil an Vätern, die Elterngeld beziehen langsam, aber kontinuierlich wächst. Waren es 2015 erst 20,9 % der Männer, so entschieden sich 2022 bereits 26,1 % der Väter für den Bezug von Elterngeld.

Doch warum scheint die Elternzeit immer noch die Hauptaufgabe der Mütter zu sein? Dies liegt u.a. an der Höhe des Elterngeldes. Dieses errechnet sich an der Höhe des Einkommens vor der Geburt des Kindes und beträgt zwischen mindestens 300 und höchstens 1800 Euro im Monat. Mit Blick auf den Gender Pay Gap, aber auch den immer höheren finanziellen Belastungen für Familien wird schnell klar, dass der Elterngeldbezug sich für viele Männer nicht rechnet und das verfügbare Familieneinkommen zu stark reduziert wird. Oft ist nicht genug finanzieller Spielraum in den Familien vorhanden, was jedoch zulasten der Frauen ausgetragen wird. Denn im Zweifelsfall kämpfen diese im Fall einer Trennung oder spätestens im Alter mit weniger Gehalt/Rente und erhalten keine echte Wahlmöglichkeit, wie sie Familie und Beruf nach ihren persönlichen Wünschen verbinden können.

Dabei wollen sich viele Väter in der heutigen Zeit mehr einbringen und einen gleichberechtigten Anteil der Betreuungs- und Sorgearbeit übernehmen. Doch neben den finanziellen Einbußen sind es nicht selten die Arbeitgeber*innen, die den Männern klar signalisieren, dass eine längere Erziehungsauszeit nicht erwünscht ist. Hier spielen auch alte Stereotypen eine Rolle, die ein Kind immer noch als Aufgabe der Mutter sehen. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) aus dem Jahr 2019 bestätigt, dass viele Männer sich vor den negativen Auswirkungen einer längeren Elternzeit fürchten. Während die zwei „Vätermonate“ im Elterngeldbezug im Jahr 2018 von fast 72 % der Väter in Anspruch genommen wurden, scheitert ein längerer Bezug oft am wirklichen Willen von Männern und Arbeitgeber*innen.

Die Probleme und Ursachen einer fehlenden paritätischen Elternzeit finden sich auch in der neuen Vermächtnisstudie 2023 von Die Zeit, infas und WZB. Danach werden von Männern finanzielle Aspekte, Druck durch den Arbeitgeber*innen und Kolleg*innen, Auswirkungen auf die eigene Karriere und fehlender Mut als Gründe für die geringe Beteiligung an Eltern- und Betreuungszeit genannt.

Wollen wir eine echte Gleichberechtigung erreichen, müssen wir Elternzeit paritätisch sehen und Männer darin bestärken, sich mehr zu beteiligen. Eine Lösung liegt in der besseren Nutzung von Elterngeld und -zeit! Wenn jedem Elternteil 7 Monate zur freien Verfügung stehen und die Höhe angepasst und erhöht werden würde, könnten wir als Gesellschaft endlich an einen Punkt kommen, wo wir die Betreuungs- und Sorgearbeit gleichmäßig verteilen und Müttern eine echte Wahlmöglichkeit geben. Dann würden Frauen keine finanziellen Nachteile mehr entstehen und Männer könnten sich mehr in der Erziehungs- und Sorgearbeit einbringen ohne negative Folgen erwarten zu müssen. Die Kinder würden genauso profitieren, denn viel zu oft fehlen die Väter im täglichen Alltag und bei wichtigen Entwicklungsabschnitten. Es wäre für alle, Kinder, Eltern und Gesellschaft ein echter Gewinn!

In der jetzigen Situation sind es nach wie vor die Frauen, die sich aus familiären oder finanziellen Gründen dem Druck beugen und mit den Nachteilen leben müssen, die oft zu einem viel späteren Zeitpunkt in ihrem Leben sichtbar werden. Dies muss sich dringend ändern und dazu gehört der Weg in eine paritätische Elternzeit und mehr Gleichstellung von Frauen und Männern.