Gleichstellung im Sport

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Ich gebe ganz ehrlich zu, dass ich mir als aktive Sportlerin früher nie besonders viel Gedanken über das Thema Gleichstellung im Leistungssport gemacht habe. Dies lag vor allem daran, dass ich im Reitsport aktiv war. Dort nehmen Frauen und Männer zusammen mit ihren Pferden an Turnieren teil und eine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern findet nicht statt, sondern nur eine gemeinsame Wertung unter den gleichen Bedingungen. Natürlich ist der Reitsport noch einmal eine ganz besondere Sportart, denn hier geht es nicht alleine um die Fähigkeiten der menschlichen Sportler*innen, sondern vor allem um das Pferd und die Harmonie zwischen Reiter*in und Tier. Der Reitsport ist ein gutes Beispiel für einen von Frauen dominierten Sport (78 %), wie eine IPSOS-Studie aus dem Jahr 2019 gezeigt hat.

Das sieht in vielen Sportarten schon ganz anders aus und erfordert eine andere Vorgehensweise, wenn wir von Gleichstellung und gleichen Voraussetzungen sprechen. Eine gemeinsame Leistungsklasse und Bewertung ist aufgrund der körperlichen Differenzen zwischen Frauen und Männern in den meisten Sportarten für eine faire Beurteilung der Wettkampfleistung nicht möglich. Doch stellt sich bei der Ausübung bestimmter Sportarten die Frage, warum es Frauen so schwer gemacht wird und warum die Bezahlung im Sport so ungleich verteilt ist. Ein Beispiel dafür ist das Skispringen der Damen. Dort sperrten sich die zuständigen Verbände und Trainer lange Zeit vor Frauen in ihrem Sport. Mythen wie die Schädigung der Gebärmutter bei der Landung oder Probleme mit der Wirbelsäule wurden als Argumente gegen eine weibliche Beteiligung am Skispringen genannt. Inzwischen gibt es eigene Skispringwettbewerbe auch für Frauen, doch diese finden bei Zuschauern und Sponsoren wenig Beachtung, obwohl die Leistungen der Frauen mit denen der männlichen Kollegen fast identisch sind. Doch wenn die Werbung und Aufmerksamkeit nur bei den Männerwettkämpfen liegt, haben es die Frauen extrem schwer, das öffentliche Interesse für sich zu wecken. Ein weiteres bekanntes Beispiel betrifft den Frauenfußball, der immer noch ein Dasein im Schatten der männlichen Kollegen pflegt. So verdient ein männlicher Fußballspieler in der Ersten Bundesliga durchschnittlich 1,9 Millionen Euro im Jahr (plus Werbeverträge), während die weiblichen Spielerinnen bei durchschnittlich um die 39 000 Euro Jahresgehalt liegen (Stand 2021). Wenn es um Prämien für gewonnen Meisterschaften geht, zeigt sich die Diskriminierung noch deutlicher. Gewährt der DFB jedem männlichen Spieler bei Gewinn einer EM 2021 400 00 Euro, würden die Frauen nur  60 000 Euro Prämie erhalten. Hier ist Deutschland weit hinter so fortschrittlichen Ländern wie England oder Norwegen, die bei der Höhe von Prämien für Meisterschaften keinen Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern machen. Soviel zum Thema Gleichberechtigung!

Was es den Frauen erschwert, sind wieder einmal alte Rollenmuster, männliche Dominanz in den führenden Sportverbänden, im Sportjournalismus und allgemein fehlende Sichtbarkeit, die auch viele finanzkräftige Sponsoren abschreckt. Eigentlich, wie in vielen anderen Bereichen des Lebens auch. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine bessere Förderung in jungen Jahren. Denn so manch einem Mädchen vergeht bei einem nicht geschlechtersensiblen Sportunterricht in der Schule bereits die Freude am Sport. Dazu zählt auch der richtige Umgang mit dem Thema Menstruation und Sport, der an vielen Schulen immer noch völlig veraltet und stigmatisiert gehandhabt wird.

Natürlich dürfen auch in diesem Bericht ein paar Zahlen aus verschiedenen Statistiken nicht fehlen. Laut dem Gleichstellungs-Bericht des DOSB aus dem Jahr 2016 beträgt der Frauenanteil im Präsidium des DOSB 30 % (Führungspositionen), bei den Kampf- und Schiedsrichter*innen liegt er unter 20 %, während in der Mitgliedsorganisationen mehr als 50 % Frauen tätig sind. In den Vereinen liegen die Deutsche Eislauf-Union mit 82,8 % und die Deutsche Reiterliche Vereinigung mit 78,2 % weiblichen Mitgliedern auf den Spitzenplätzen. Schlusslichter sind der Deutsche Schachbund mit 8,1 % und der Deutsche Motor Sport Bund mit 6,6 %.

Das DOSB sieht inzwischen die biologischen Besonderheiten von Frauen im Leistungssport und die speziellen Herausforderungen, die mit diesen Themen in Zusammenhang stehen, wie der Monatszyklus, Hormonveränderungen, Schwangerschaft und Rückkehr danach in den Sport. Es tut sich etwas und genau das machen wir. Eine offene Diskussion über Frauen im Leistungssport, der von Wissenschafter*innen aus den verschiedenen Bereichen unterstützt und wissenschaftlich begleitet wird. Frauen wollen keine extra Behandlung im Sport, sondern faire und gleiche Bedingungen.

DOSB = Deutscher Olympischer Bund