Heidi ist 57 Jahre alt und wohnt zusammen mit ihrem Mann in Bayern. Sie arbeitet als Sozialarbeiterin, ist für Bündnis 90/ Die Grünen Kreisrätin im Kreistag, Bezirksrätin im schwäbischen Bezirkstag und jeweils Fraktionssprecherin und Vorsitzende der Kreisgruppe im Bund Naturschutz. Als Anerkennung für ihr großes Engagement als Frau in der Kommunalpolitik wurde ihr der parteiübergreifende Helene-Weber-Preis 2020 verliehen.
Geboren wurde Heidi in Donau-Ries, im bayrischen Nordschwaben. Ihr Vater war bei der Bundeswehr und so mussten sie als Familie immer wieder umziehen und ein wirkliches Heimatsgefühl konnte sich nie einstellen. Nach dem Abitur studierte Heidi Soziale Arbeit und Theologie und arbeitete danach als Sozialarbeiterin in Würzburg im Bereich straffälliger, obdachloser und sexuell missbrauchter Mädchen und Frauen. Diese Zeit und die Arbeit mit den Mädchen und Frauen hat sie sehr geprägt. Sie setzte sich immer stärker für die Frauenrechte ein. Nach 10 Jahren entschied sich Heidi aus familiären Gründen für einen Wohnortwechsel und übernahm die Leitung eines Wohnbereichs gehörloser mehrfachbehinderter Menschen in einer größeren Einrichtung für Menschen mit Behinderung.
Seit 2011 ist Heidi Mitglied bei den Grünen und seit 12 Jahren Veganerin. Sie hat sich viel für die Rechte von Tieren eingesetzt, was nicht immer ganz unproblematisch in der Zusammenarbeit mit manchen Landwirten war. Aber mit der Zeit und der immer größeren Sensibilität für dieses wichtige Thema wurde es besser. Inzwischen ist sie auch Vorsitzende des Bund Naturschutzes in ihrem Landkreis und weiß, wie wichtig eine gute Vernetzung und Zusammenarbeit ist. Die Menschen müssen über Probleme reden und manchmal auch Kompromisse machen. Man muss gestalten wollen und dies kann zu unbequemen Wahrheiten führen. Dies sieht sie immer wieder in ihrer Arbeit bei den Grünen. Veränderungen benötigen Mut und den dazugehörigen Willen. Besonders das Verhältnis zum Feminismus ist für Heidi bei den Grünen ein sehr positives Beispiel. Im Vergleich zu manch anderer Partei, die noch immer keine wirkliche Parität leben und Frauen unterdurchschnittlich repräsentiert sind, zeigt sich ihre Partei in Sachen Gleichberechtigung sehr fortschrittlich. Deshalb hat sich Heidi auch über den Helene-Weber Preis gefreut und sieht nicht nur sich selber, sondern auch die vielen anderen engagierten Frauen in der Politik bestätigt. Sie erlebt eine große Solidarität unter den Frauen in der Politik und dies auch über die eigenen Parteigrenzen hinweg. Für sie ist es ein weiterer Beweis, warum die Gleichstellung so wichtig ist und nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft von Frauen profitiert. Nach ihrer eigenen Erfahrung erhalten erfolgreiche Frauen sehr viel Gegenwind. Jedoch nicht von anderen Frauen, sondern überwiegend von Männern.
Heidi leidet seit einer Coronainfektion im Spätsommer 2022 an Post Covid mit MECFS. Die Zeit während der Coronapandemie war für Heidi nicht leicht, da sie unter Vorerkrankungen leidet und aus diesem Grund besonders aufpassen musste. Im letzten Jahr infizierte sie sich mit dem Coronavirus (sie war bis zur Infektion 3 x geimpft) und bekam sofort das antivirale Medikament Paxlovid. Trotzdem entwickelte sie Long Covid und nach drei Monaten Post-Covid mit einer ganzen Reihe an schweren Symptomen wie Fatigue, Ganzkörperschmerzen, Brainfog, Herzrasen, Allergien und einer stark verminderten Leistungsfähigkeit sowie Belastungsintoleranz nach mentalen und körperlichen Tätigkeiten, wodurch sie z.B. nur noch kurze Strecken ohne die Hilfe eines Rollators gehen kann. Im November letzten Jahres wurde bei Heidi in einer Naturheilklinik schließlich ME/CFS diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine neuroimmunologische Multisystemerkrankung, die nach einem viralen Infekt entstehen kann und sich in einer sehr schweren geistigen und körperlichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zeigt. Neben den körperlichen Problemen leidet Heidi besonders an den Folgen jeder aufkommenden Reizüberflutung, die sofort zu einer Verschlechterung ihres Allgemeinzustandes führt. Den Versuch einer Wiedereingliederung in ihren alten Beruf musste sie inzwischen abbrechen und wartet nun auf eine neurologische Reha-Maßnahme. Bis dahin wird Heidi die Zeit nutzen und auf eigene Kosten zu einer dreiwöchigen Ayurveda-Kur nach Indien reisen, um dort ihr Immunsystem wieder zu stärken.
In den letzten Monaten hat sich ihr Leben völlig verändert und Heidi musste erleben, wie hilflos die Medizin immer noch im Bereich von Long Covid/Post Covid und MECFS ist. Ihr persönlich hat der Austausch in Selbsthilfegruppen geholfen und die Diagnosestellung MECFS in der Klinik. Normale Standardbehandlungen helfen nicht und den meisten Ärzt*innen fehlt es an der nötigen Erfahrung über diese noch wenig erforschte Erkrankung. Für Betroffene bedeutet dies, neben den belastenden Auswirkungen von Post Covid auch noch den zum Teil schwierigen Dialog mit diversen Ämtern und die verzweifelte Suche nach helfenden Maßnahmen. In der Gesellschaft stellt Heidi inzwischen einen sehr sorglosen und zum Teil ignoranten Umgang mit Corona fest. Für die meisten Menschen ist die Pandemie vorbei und sie können sich nur schlecht in die Probleme von Long Covid Betroffenen versetzen. Heidi weiß noch nicht, wie es für sie gesundheitlich, beruflich und politisch weitergehen wird. Sie befindet sich in einem Schwebezustand, der sehr belastend ist. Ihre Hoffnung liegt nun auf den beiden anstehenden Maßnahmen zur Rehabilitation. Eines würde sich Heidi aber noch wünschen: Die Menschen, ganz besonders die gesunde Bevölkerung, sollten wieder mehr Rücksicht aufeinander nehmen und wenn sie sich krank fühlen, in dieser Zeit eine Maske tragen. Ein solcher Infekt mag ihnen nicht schaden, aber für ältere oder vorerkrankte Menschen kann ein Infekt schwerwiegende und lebensveränderte Folgen haben.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Heidi für dieses Interview bedanken und für die Zeit, die sie sich unter den schwierigen Bedingungen genommen hat. Ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute und hoffe, dass es ihr bald wieder besser gehen wird.
Wenn ihr mehr über Heidi und ihre Arbeit erfahren möchtet, dann schaut gerne auf einer ihrer Webseiten vorbei: