In Deutschland gibt es über 400.000 verschiedene Namen von Straßen. Für eine leichtere Orientierung begannen die Menschen, im Laufe der Geschichte, den Straßen Namen zu geben. Zum Teil nach bestimmten Orten und Gebieten, Tieren oder religiösen Personen. Mit der Zeit kamen berühmte Persönlichkeiten aus der Kultur, dem Militär oder der Politik dazu. Doch eines ist sehr auffällig: Namen von Frauen sind bei der Benennung von Straßen deutlich unterrepräsentiert.
Der Gender-Gap von Straßennamen ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa überwiegend von Männern dominiert. Dazu erschien im März 2023 eine sehr interessante Untersuchung des European Data Journalism Network. Dabei wurden insgesamt 145.933 Straßen aus 30 europäischen Städten und 17 verschiedenen Ländern untersucht. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass über 90 % der nach Personen benannten Straßen einen männlichen Namen tragen. Spitzenreiter für weibliche Straßennamen ist übrigens die Stadt Stockholm mit 19,5 % , während die ungarische Stadt Debrecen das Schlusslicht mit gerade einmal 2,7 % belegt. Für Deutschland wurde Berlin im Rahmen dieses Projektes genauer untersucht. Von den insgesamt 11.270 Straßen in Berlin sind 3.622 nach Personen benannt. Von diesen tragen 3.174 Straßen einen Namen, der einer männlichen Person gewidmet ist (87,6 %).
Inzwischen haben die Städte erkannt, dass dieses Ungleichgewicht in der Namensgebung von Straßen behoben werden muss. Straßennamen sorgen für die Anerkennung und Sichtbarkeit von wichtigen Persönlichkeiten und können bei einem männlichen Namensanteil von 90 % als ein Zeichen einer immer noch patriarchalen Gesellschaft sein. Wird der Anteil an weiblichen Straßennamen erhöht, zeugt dies auch von einem Umdenken im Bewusstsein der Gesellschaft und Politik, was die Rolle der Frau in der heutigen Zeit betrifft. Die Sichtbarkeit von Frauen gehört in alle Lebensbereiche und darf nicht vor einem Straßenschild enden.
Im Jahr 2020 hat die Stadt Bremen einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichstellung im öffentlichen Raum gemacht. In einem Neubaugebiet wurden alle Straßen nach bedeutenden Frauen aus der Zeit der Weimarer Republik benannt. Darunter u.a. die Aktivistin der Frauenbewegung Minna Cauer, die Frauenrechtlerin Helene Lange oder die politische Künstlerin Friedl Dicker. Inzwischen ziehen immer mehr Städte nach und benennen Straßen mit weiblichen Namen. Es gibt auch Städte, die einen ganz anderen Weg der Gleichberechtigung gehen wollen und statt Personen, vermehrt auf andere Möglichkeiten eines Straßennamens, die etwa ein Tier oder eine Pflanze setzen.