Werbung dient in erster Linie dazu, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen und das Interesse daran zu wecken. Dabei spielt natürlich die gewünschte Zielgruppe eine entscheidende Rolle, denn z.B. ein Mensch ohne Katze wird sich kaum für Katzenfutter interessieren. Werbung zielt somit auf eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen ab. Dabei steht die Werbung im Wandel der Zeit und lebt nicht nur von neuen Impulsen und einem neuen Zeitgeist, sondern steht auch in der Verantwortung, einen eigenen Beitrag in Bezug auf Gleichstellung, Diversität und Inklusion zu leisten.
Frauen spielen in der Werbung eine doppelte Rolle! Genauso wie Männer dienen sie zum einen als Werbeobjekt und Übermittlerin und natürlich auch als angesprochene Zielgruppe. Doch lässt sich eine klare Abgrenzung gar nicht so leicht vornehmen und ist auch von der Werbeindustrie gar nicht gewollt. In den Anfängen der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts erfüllte die Frau in der Werbung alle typischen Stereotypen und Rollenbilder. In der Gesellschaft war sie es, die für Kinder und Haushalt zuständig war und ein Leben als Hausfrau und Mutter führte. In der Werbung fungierte sie aus diesem Grund als Zielgruppe für Produkte wie z.B. Haushaltsreiniger und Lebensmittel. Während Frauen nicht nur auf Haushalt und Kinder reduziert wurden, sondern auch noch häufig als hilflose und überforderte Personen dargestellt wurden, war es der Mann, der in seiner vollen Männlichkeit und Dominanz glänzen dürfte. Geschlechtergerechtigkeit gab es zur damaligen Zeit noch nicht! Erst die Frauenbewegung der 60er und 70er Jahren und die Entscheidung des EU-Parlaments im Jahr 2008 sollte die Werbung (im TV) ändern und erlaubte nicht mehr die Verwendung von sexistischen Stereotypen und wollte damit ein klares Statement gegen die spezifische Diskriminierung von Geschlechtern setzen.
Doch wie sieht die heutige Realität aus? Frauen sind inzwischen emanzipiert und lassen sich nicht mehr auf Haushalt und Kinder reduzieren, doch noch immer lastet ein großer Druck auf den Frauen. Denn meistens sind es junge, schlanke, durchtrainierte, weiße Frauen, die uns die Produkte oder Dienstleistungen näherbringen sollen. Auch nicht-binäre Menschen werden noch immer von der Werbung kaum angesprochen und schlicht ausgeschlossen. Diversität sieht anders aus! Einer Studie der Hochschule der Medien aus dem Jahr 2017 hat sich mit der Darstellung von Frauen in der Werbung in den Jahren 1996 bis 2016 befasst. Das Ergebnis: Es dominiert in der Werbung nach wie vor mit etwa 60 % die Darstellung von Frauen als jung (zwischen 25 und34 Jahre alt) und mit über 55 % die Verkörperung als Hausfrau, Ehefrau oder Mutter. Berufstätige Frauen werden nur zu knapp 14 % gezeigt, genauso wie ältere Frauen ab 45 (zwischen 1 und 5 %). Inzwischen gibt es zahlreiche Organisationen und Stellen, die sich gegen eine frauenfeindliche Werbung einsetzen, wie z.B. Terre des Femmes oder auch Pinkstinks. Dort gibt es ein eigenes Portal, um diskriminierende und sexistische Werbung melden zu können.
Eine weitere interessante Studie kommt vom Marktforschungsunternehmen Kantar von 2019. In dem Getting Gender Right Report geht es u.a. um die Außenwirkung von Frauen in der Werbung. Dabei wurden knapp 40.000 Konsumenten weltweit befragt. Laut eigener Aussage liegt die Werbebranche bei der gendergerechten Darstellung noch deutlich hinter den gesellschaftlichen Entwicklungen zurück. So sehen 45 % der Befragten die Darstellung von Frauen in der Werbung als unpassend und nicht dem Zeitgeist entsprechend an, was direkte negative Folgen für das Marketing und die Marke hat.
Die Werbeindustrie muss neue Wege gehen und den Mut besitzen, Menschen aus den stereotypischen Rollenmustern zu befreien. Einige wenige Firmen haben inzwischen ihre Marketingstrategie umgestellt und zeigen, dass neue Konzepte nicht mit einer schlechteren Vermarkung und Umsatz einhergehen. Ein weiterer Grund der noch immer problematischen Strategie der Werbung in der heutigen Zeit liegt im Marketing von Produkten. Die Entscheidung wird in der Führungsebene der Unternehmen getroffen und dort sitzen nach wie vor mehr Männer, als Frauen. In der Vermarktung ihrer Produkte und Dienstleistungen fehlt den Männern in der Führungsposition oft genug der ganzheitliche und auf die Frauen zugeschnittene Blick und das Verständnis für diese Zielgruppe. Es zeigt sich am Beispiel Frauen und Werbung sehr gut, wie wichtig und sinnvoll die Gleichstellung in Unternehmen ist und warum ein höherer weiblicher Anteil, vor allem in den Führungspositionen nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Gesellschaft ein echter Gewinn wäre.