Wenn wir an die Themen Gleichstellung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf denken, erwarten wir oft große Veränderungen, um die Menschen besser und gezielt unterstützten zu können. Manchmal braucht es aber gar nicht viel, sondern nur eine veränderte Sichtweise und den Mut, neue Wege zu gehen. Dies habe ich kürzlich bei einem Gespräch mit Führungskräften aus einem mittelständischen Unternehmen erlebt. Während wir uns über Möglichkeiten und Ziele für eine bessere Vereinbarkeit ausgetauscht haben, lag der Fokus des Unternehmens nur bei den weiblichen Mitarbeiterinnen.
Auf meine Frage, was mit den männlichen Mitarbeitern wäre, blickte ich in überraschte Gesichter. Der bisherige Schwerpunkt aller Maßnahmen und Überlegungen dieses Unternehmens lag ausschließlich bei Frauen. Natürlich können nur Frauen schwanger werden und Kinder gebären, aber ab dem Zeitpunkt der Geburt hat ein Kind (in der Regel) zwei Elternteile. Diese Eltern müssen als eine Einheit gesehen und nicht isoliert betrachtet werden.
Indem Führungskräfte gezielt Väter in ihrem Unternehmen ansprechen, mit ihnen den Dialog suchen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen suchen, wie eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf aussehen kann, verteilen wir die Betreuungs- und Erziehungsarbeit auf viele Schultern. Davon profitieren Eltern, Kind und Unternehmen.
Für Unternehmen ergeben sich eine Reihe von Vorteilen:
- aktive Vaterschaft fördert das Gefühl von Gerechtigkeit und Fairness im Unternehmen.
- gleichberechtigte Aufteilung der Erwerbs- und Erziehungsarbeit wird gefördert. Das stärkt nicht nur die berufliche Chancengleichheit für Frauen, sondern trägt auch zur Bekämpfung von Geschlechterstereotypen und alten Rollenbildern bei.
- Väter, die sich aktiv an der Kindererziehung beteiligen, erleben oft weniger beruflichen Stress (bessere Work-Life-Balance), da sie durch die gemeinsame Zeit mit ihrer Familie mehr Energie und Motivation für ihren Arbeitsalltag beziehen.
- Mitarbeiter, die in die Kindererziehung eingebunden sind, entwickeln oft mehr Kreativität und Flexibilität. Diese Fähigkeiten können auch in der Arbeitswelt von Vorteil sein, neue Perspektiven und innovative Lösungen zu entwickeln.
- Unternehmen, die flexible Arbeitszeiten und familienfreundliche Modelle für Eltern bieten, gelten als attraktivere Arbeitgeber.
- Die gesellschaftliche Verantwortung wird gefördert. Unternehmen, die sich für mehr Gleichberechtigung in Familien und die Unterstützung von Eltern (besonders Väter) einsetzen werden auch in der Gesellschaft positiv wahrgenommen und als familienfreundlicher Arbeitgeber gesehen.
- Die Stärkung der Rolle von Vätern unterstützt Mütter darin, schneller und mit mehr Flexibilität wieder zurück in das Berufsleben zu kommen. In Zeiten des steigenden Fachkräftemangels sollten Unternehmen nicht auf Mütter verzichten und ihnen den Einstieg zurück in das Berufsleben erleichtern.
Wenn wir von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen und einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen, dann muss sich die Sichtweise von Unternehmen ändern. Förderung und Unterstützung darf sich nicht auf ein einzelnes Geschlecht beziehen, sondern muss ganzheitlich gesehen werden. Wir brauchen eine aktive und gleichberechtigte Elternschaft in Unternehmen.